Veedel entdecken

Ausbildungsmöglichkeiten in Sülz und Klettenberg

Studium oder Ausbildung?

Unterschätzte Möglichkeiten durch Generationenwechsel. Goldenes Handwerk läßt sich durch KI nicht ersetzen!

Unternehmen und Ausbildungsberufe aus dem veedel

Warum studieren, wenn das naheliegende mehr Spaß macht und gute Perspektiven bietet?

Einzelhandelskauffrau/mann

Optiker

Optik Bruchhaus

Einzelhandelskauffrau/mann

Bankkauffrau/mann

Immobilienkauffrau/mann

Der Azubi-Mangel und wie Unternehmen in den Veedeln ihn erleben

Handwerker, Händler und Dienstleister bieten Ausbildungsplätze an und ringen darum, sie zu besetzen.

Der Mangel an jungen Menschen, die sich für eine Ausbildung begeistern, verändert vieles im betrieblichen Alltag. Zwei Sülzer Unternehmer schildern stellvertretend für viele, welche Strategien sie verfolgen, wie sie die Zukunft sehen und welche Lösungen sie vorschlagen.

Aus der berrenrather Strasse

Michael Bruchhaus ist Inhaber von Optik Bruchhaus mitten im Carrée Sülz-Klettenberg.

In seinem Geschäft auf der Berrenrather Straße beschäftigt er mehrere angestellte Augenoptiker-Meisterinnen und eine Auszubildende aus Syrien, die derzeit in der Vorbereitungsphase ist – inklusive Sprachlehrgang. „Optiker ist ein sprachintensiver Beruf, der fachlich breit aufgestellt ist“, schildert er. „Man muss mehr können als verkaufen: Augenoptikermeister sind zugleich Handwerker, Mediziner und Einzelhandelsfachleute. Eine Stilberatung bei der Brillenauswahl ist ebenso Teil der Arbeit wie eine gründliche Augenprüfung mit anspruchsvoller Technik.“

Dieses breite Spektrum ermögliche jungen Menschen vielfältige Berufsperspektiven: „Wer die Meisterschule besucht, hat nach dem Abschluss eine Menge Optionen. Man kann angestellt arbeiten – auch in der Filialleitung – oder sich selbständig machen, in einer Arztpraxis eine Zukunft finden, in die Forschung oder in die Industrie gehen. Das wissen die wenigsten.“ Die Arbeit in einem angenehmen Ambiente und die Nähe zur Mode sei durchaus geeignet, junge Menschen zu interessieren; trotzdem sei es schwer, motivierten Nachwuchs zu finden. „Große Filialisten haben es da leichter als inhabergeführte Unternehmen“, so Bruchhaus, „weil man sie aus der Werbung kennt. Gleichzeitig werden Azubis dort aber oft als billige Arbeitskräfte eingesetzt und lernen weniger. Große Ketten setzen sich für eine abgespeckte Ausbildung zum Augenoptik-Fachverkäufer ein. Die wird es aber glücklicherweise wohl so bald nicht geben – das wäre sehr zum Nachteil der Azubis.“

Warum wählen dann viele nicht einen Ausbildungsplatz bei Optikermeistern? „Da kommen mehrere Sachen zusammen“, erklärt Bruchhaus: „Gut ausgebildete Schulabgänger wollen meist auf die Hochschule, um später Manager zu werden. Anderen behagen die Arbeitszeiten nicht – sie wollen gerade im Sommer nicht gerne samstags im Geschäft sein, sondern ihre Freizeit genießen. Und manchen fehlt es an persönlichen Zielen, an Konzentration, Disziplin oder schlicht an der Freude daran, respektvoll und höflich mit Menschen umzugehen.“ Gerade bei den Arbeitszeiten habe sich allerdings zuletzt vieles verbessert: „Mit Home-Office verteilen sich die Besuche bei uns mehr in die Woche, so dass wir flexibler arbeiten können. Unsere Angestellten haben oft drei Tage am Stück frei – das gibt es im Einzelhandel sonst kaum.“

Interessierte Menschen zu finden bedeutet oft, ungewöhnliche Wege zu gehen. Bei Optik Bruchhaus wurden bereits zwei Azubis erfolgreich bis zur Prüfung geführt, die als Quereinsteiger nach einem abgebrochenen Studium begannen. „Beide haben sehr gut abgeschlossen und besuchen die Meisterschule in einem verkürzten Durchlauf. Sie wollen Optometristen werden und später zurück zu uns kommen. Wir nehmen sie sehr gerne. Unsere Mitarbeiterinnen sind meist um die 30, von denen machen viele eine längere Familienpause und fehlen uns in der Zeit.“

Nicht nur Studienabbrecher sieht Bruchhaus als gute Kandidaten, auch ein Abitur oder die Mittlere Reife biete bereits gute Startmöglichkeiten. „Wir sollten Jugendliche, die sich in einer frustrierenden Situation befinden, viel früher abholen können“, ist der Optikermeister überzeugt: „Sie haben mehr Optionen, als sie glauben. Wer bei uns Gas gibt, übernimmt schnell Verantwortung und hat alle Möglichkeiten offen – bis hin zur Unternehmensgründung.“ Ein wichtiges Anliegen ist ihm, das Berufsbild in Schulen bekannter zu machen: „Da gibt es noch nicht genügend Zusammenarbeit. Wir würden gerne den Kontakt intensivieren, den Beruf vorstellen und Schülerpraktika oder Hospitanzen möglich machen.“

aus der Zülpicher Strasse

Richard Schildgen führt den gleichnamigen Elektrobetrieb an der Zülpicher Straße und ist ehrenamtlich bei der Elektroinnung Lehrlingswart.

 120 Azubis durchlaufen pro Jahr die Ausbildungsgänge, so dass er für 500 zumeist junge Menschen zuständig ist. „Zu uns kommen die Azubis aber aus eigenem Antrieb“, erklärt er: „Wir haben einen Schwerpunkt im Smart-Home-Bereich, das ist anspruchsvoll und als Zukunftsfeld für viele attraktiv.“ Gerade hat der Zehn-Mann-Betrieb einen Auszubildenden übernommen, der die Meisterschule mit 85-Prozent-Abschluss bestanden hat. „Das entspricht einer 2 plus, darauf sind wir stolz. Er wird jetzt unser vierter Meister.“

Auch Schildgen stellt fest, dass ein Mangel an Auszubildenden herrscht – der sich seit Corona sogar noch verschärft habe. „Eigentlich haben wir gute Voraussetzungen: Das Duale System funktioniert gut und ist sogar internationales Vorbild. Es gibt überbetriebliche Lehrgänge für Spezialgebiete wie Sat-Technik, es wird solides Grundwissen vermittelt und dann im Betrieb in die Praxis umgesetzt. Trotzdem haben wir zum Beispiel keine Azubis aus Sülz, hier leben eher akademisch geprägte Milieus. Die gängigen Vorurteile lauten, dass es bei uns laut, dreckig und körperlich anstrengend wäre. Dabei ist die Arbeit durchaus sehr befriedigend: wir haben viele Kundenkontakte, eine Menge Abwechslung und regelmäßige Erfolgserlebnisse zu bieten. Am Schreibtisch gibt es das nicht so oft.“

Eine Innungs-Maßnahme, um Auszubildende in Köln zu gewinnen, ist die Ausbildungsoffensive Porz. „Wir sind da recht erfolgreich, es gibt regelmäßige Ausbildungsbörsen im historischen Rathaus und sogar in der Lanxess-Arena, dazu geben wir Vorbereitungsunterricht in Abschlussklassen.“ Die Schülerzahlen steigen kontinuierlich, allerdings sei auffällig, wie schwer es Schülern falle sich am Stück zu konzentrieren: „Manche greifen alle drei Minuten zum Handy um den Status zu checken, weil sie Angst haben, etwas vom Leben zu verpassen. Mit dem Mobiltelefon kann man aber durchaus vernünftige Sachen machen: Bei uns im Betrieb zum Beispiel laufen die meisten Prozesse per App, da ist das Smartphone ein Arbeitsmittel und keine Ablenkung.“

Als Lehrlingswart ist Schildgen viel in direktem Kontakt mit Schulen. „Zum Beispiel arbeitet die Innung mit der Comenius-Schule in Zündorf zusammen und veranstaltet in der achten Klasse regelmäßig Vorbereitungsunterricht. Da herrscht kulturelle Vielfalt, wie man so schön sagt: 93 Prozent der Schüler haben einen Migrationshintergrund. Das sind alles Kinder, die zu uns gehören; die sind zu vielem fähig und brauchen Perspektiven. Wenn ich dort Unterricht gebe, dann wird auch aufgepasst. Ich spreche viel in Bildern, beschäftige sie permanent und versuche Begeisterung zu wecken. Elektrotechnik ist ja eher abstrakt, das habe ich selber erst in der Meisterschule richtig verstanden. Man braucht einen Zugang dazu, wie Jugendliche heute lernen.“

Schwieriger sei es, Kindern von geflüchteten Familien einen Weg aufzuzeigen. „Die sind freundlich und neugierig, sprechen aber kaum Deutsch – vor allem, wenn sie in Sammelunterkünften leben. Wir haben uns lange engagiert, um ihnen Sprachkenntnisse zu vermitteln, aber im Behördengerangel war mal wieder niemand für uns zuständig. Reguläre Lehrer wollten keine Freizeit opfern und Freiwillige durften wir nicht beschäftigen, weil die Verwaltung blockiert hat. Wie sollen wir denn da weiterkommen? Es gibt doch mehr als genug Arbeit für alle!“

Gerade angehende Elektrofachleute hätten glänzende Aussichten auf eine sichere und ansprechende Beschäftigung. „Familienbetriebe können viel bieten: Wir führen sauberer als die Großen, wir bezahlen verlässlich und das oft zu Tarifen wie in der Industrie. Denn wir schätzen und achten unsere Leute.“ Für die Zukunft wünscht sich Schildgen beherztere Unterstützung aus der Politik. „In fast allen Handwerksberufen sehe ich dieselbe Tendenz: Demnächst schließen lauter Betriebe, die keinen Nachfolger finden – und junge Leute sind oft zu risikoscheu, um neu zu gründen. Ich kann das sogar verstehen, denn kleinen Betrieben wird das Leben unnötig schwer gemacht. Es fehlt einfach an Wertschätzung.“