120 Azubis durchlaufen pro Jahr die Ausbildungsgänge, so dass er für 500 zumeist junge Menschen zuständig ist. „Zu uns kommen die Azubis aber aus eigenem Antrieb“, erklärt er: „Wir haben einen Schwerpunkt im Smart-Home-Bereich, das ist anspruchsvoll und als Zukunftsfeld für viele attraktiv.“ Gerade hat der Zehn-Mann-Betrieb einen Auszubildenden übernommen, der die Meisterschule mit 85-Prozent-Abschluss bestanden hat. „Das entspricht einer 2 plus, darauf sind wir stolz. Er wird jetzt unser vierter Meister.“
Auch Schildgen stellt fest, dass ein Mangel an Auszubildenden herrscht – der sich seit Corona sogar noch verschärft habe. „Eigentlich haben wir gute Voraussetzungen: Das Duale System funktioniert gut und ist sogar internationales Vorbild. Es gibt überbetriebliche Lehrgänge für Spezialgebiete wie Sat-Technik, es wird solides Grundwissen vermittelt und dann im Betrieb in die Praxis umgesetzt. Trotzdem haben wir zum Beispiel keine Azubis aus Sülz, hier leben eher akademisch geprägte Milieus. Die gängigen Vorurteile lauten, dass es bei uns laut, dreckig und körperlich anstrengend wäre. Dabei ist die Arbeit durchaus sehr befriedigend: wir haben viele Kundenkontakte, eine Menge Abwechslung und regelmäßige Erfolgserlebnisse zu bieten. Am Schreibtisch gibt es das nicht so oft.“
Eine Innungs-Maßnahme, um Auszubildende in Köln zu gewinnen, ist die Ausbildungsoffensive Porz. „Wir sind da recht erfolgreich, es gibt regelmäßige Ausbildungsbörsen im historischen Rathaus und sogar in der Lanxess-Arena, dazu geben wir Vorbereitungsunterricht in Abschlussklassen.“ Die Schülerzahlen steigen kontinuierlich, allerdings sei auffällig, wie schwer es Schülern falle sich am Stück zu konzentrieren: „Manche greifen alle drei Minuten zum Handy um den Status zu checken, weil sie Angst haben, etwas vom Leben zu verpassen. Mit dem Mobiltelefon kann man aber durchaus vernünftige Sachen machen: Bei uns im Betrieb zum Beispiel laufen die meisten Prozesse per App, da ist das Smartphone ein Arbeitsmittel und keine Ablenkung.“
Als Lehrlingswart ist Schildgen viel in direktem Kontakt mit Schulen. „Zum Beispiel arbeitet die Innung mit der Comenius-Schule in Zündorf zusammen und veranstaltet in der achten Klasse regelmäßig Vorbereitungsunterricht. Da herrscht kulturelle Vielfalt, wie man so schön sagt: 93 Prozent der Schüler haben einen Migrationshintergrund. Das sind alles Kinder, die zu uns gehören; die sind zu vielem fähig und brauchen Perspektiven. Wenn ich dort Unterricht gebe, dann wird auch aufgepasst. Ich spreche viel in Bildern, beschäftige sie permanent und versuche Begeisterung zu wecken. Elektrotechnik ist ja eher abstrakt, das habe ich selber erst in der Meisterschule richtig verstanden. Man braucht einen Zugang dazu, wie Jugendliche heute lernen.“
Schwieriger sei es, Kindern von geflüchteten Familien einen Weg aufzuzeigen. „Die sind freundlich und neugierig, sprechen aber kaum Deutsch – vor allem, wenn sie in Sammelunterkünften leben. Wir haben uns lange engagiert, um ihnen Sprachkenntnisse zu vermitteln, aber im Behördengerangel war mal wieder niemand für uns zuständig. Reguläre Lehrer wollten keine Freizeit opfern und Freiwillige durften wir nicht beschäftigen, weil die Verwaltung blockiert hat. Wie sollen wir denn da weiterkommen? Es gibt doch mehr als genug Arbeit für alle!“
Gerade angehende Elektrofachleute hätten glänzende Aussichten auf eine sichere und ansprechende Beschäftigung. „Familienbetriebe können viel bieten: Wir führen sauberer als die Großen, wir bezahlen verlässlich und das oft zu Tarifen wie in der Industrie. Denn wir schätzen und achten unsere Leute.“ Für die Zukunft wünscht sich Schildgen beherztere Unterstützung aus der Politik. „In fast allen Handwerksberufen sehe ich dieselbe Tendenz: Demnächst schließen lauter Betriebe, die keinen Nachfolger finden – und junge Leute sind oft zu risikoscheu, um neu zu gründen. Ich kann das sogar verstehen, denn kleinen Betrieben wird das Leben unnötig schwer gemacht. Es fehlt einfach an Wertschätzung.“