Hochbunker Herthastraße
Der Hochbunker in Zollstock liegt heute versteckt hinter einer dichten Efeuwand in der Straßenzeile und wird im Vorbeigehen leicht übersehen. Die nunmehr 75 Jahre zurückliegende Geschichte seiner Bunkerinsassen während der nächtlichen Luftangriffe, Angst und Hoffnung der schutzsuchenden Menschen, aber auch die Not der obdachlos gewordenen Zollstocker nach dem Krieg, werden wahrscheinlich mangels Überlieferung unerzählt bleiben müssen. Geblieben sind im Inneren als Zeugnisse dieser Zeit in Form von original erhaltenen Einbauten, Bunkerzellen und technische Einrichtungen, die hoffentlich zukünftig einmal einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Bau bis 1945
Die Notwendigkeit des Baus von öffentlichen Schutzräumen im Rahmen des „Führersofortprogramms“ lenkte die Aufmerksamkeit der Dienststelle des Polizeipräsidenten in seiner Funktion als örtlicher Luftschutzleiter im Jahr 1941 auf vier zusammenhängende unbebaute Grundstücke in der Herthastraße im Stadtteil Zollstock. In dem Stadtteil lebten ca. 16.000 Menschen, die sich nach den Luftschutzgesetzen in ihren eigenen Kellern Schutzräume einrichten mussten.
Baubeschreibung
Der Bunker ist mit drei Geschossen über Erdgleiche und aufgesetztem Satteldach mit fünf großen Gauben von der Straßenseite aus optisch vollständig in die Häuserfront der Herthastraße integriert. Nach hinten ist der Baukörper allerdings wesentlich tiefer als die Nachbarhäuser. Das ursprüngliche Dach war daher nur als Teilüberdachung ausgeführt, um sich besser in die umgebende Bebauung einzufügen. An der Rückseite ist ein Treppenturm zur Wartung des Dachs angebaut. Vor dem Umbau betrug die Gebäudehöhe ca. 18 Meter bei einer Traufhöhe von 10 Metern. Das Gebäude verfügt über zwei Kellergeschosse und hat somit insgesamt fünf Ebenen. Rechts- und linksseitig befinden sich Tordurchfahrten, in die geschützt vor Splittern und Explosionsdruck jeweils vier Eingangsschleusen integriert sind. Die Wandstärken betragen 1,10 Meter und 1,85 unter Erdgleiche, die Decke ist standardmäßig mit 1,40 Meter ausgeführt. Der Schutzbau war für 2.691 Personen in ca. 210 Abteilen (zu je sechs Personen) und auf Bänken in Fluren und Vorräumen vorgesehen. Hinter den Eingangs-Gasschleusen waren zunächst Wachräume des Bunkerwarts eingerichtet, bevor man die eigentlichen Schutzräume über vier Treppenhäuser erreichen konnte. Es gab drei Sanitätsräume, die vermutlich jeweils auf jeder Etage oberhalb der Keller eingerichtet waren. In den Kellern sind noch heute Belüftungsanlagen der Firma Auer/Berlin, zu finden, auch befanden sich dort die Heizungsanlage sowie die Wasserversorgung.
Nachkriegsnutzung
In den ersten Monaten nach Kriegsende wurden im Bunker entlassene Kriegsgefangene übergangsweise untergebracht, später diente er als Notunterkunft für die Zollstocker Bevölkerung. In den 1960er erfolgte die behelfsmäßige Instandsetzung für den Zivilschutz. Noch in den 1980er wurden Akten des Bundesvermögensamtes eingelagert, als im Jahr 1988 die Instandsetzung mit 2.313 Schutzplätzen avisiert wurde.
Ein Antrag der Stadtverwaltung an das Bundesinnenministerium und das Bundesfinanzministerium wurde in einem Umfang 1.175 Mio. DM genehmigt, allerdings scheiterte das Vorhaben an fehlenden Bundesmitteln. Die “Friedensinitiative Zollstock” beantragte 1990 bei der Stadtverwaltung, die freigegebenen Finanzmittel für soziale Zwecke zu verwenden, jedoch wurde der Vorschlag wegen fehlender Mittelkompetenz abgelehnt. Es erfolgte daraufhin im Jahr 1994 die Entlassung des Bauwerks aus der Zivilschutzbindung und 1995 der Eintrag in die Denkmalliste.
Nach dem Verkauf an einen privaten Investor 2006 begann kurz darauf der Umbau. Der Baukörper blieb in wesentlichen Teilen unangetastet, da neue Wohnungen auf dem Bunkerdach und im oberen Geschoss errichtet wurden. So entstanden unter Einhaltung der Auflagen der Denkmalbehörde sechs Lofts bzw. Maisonette Wohnungen zwischen 150 und 210 qm Wohnfläche. Durch die private Nutzung ist die Zugänglichkeit der original erhaltenen Etagen derzeit nicht gegeben.