Mehr Ausbildungsoptionen als gedacht … Interview mit Michael Bruchhaus

In seinem Geschäft auf der Berrenrather Straße beschäftigt er mehrere angestellte Augenoptiker-Meisterinnen und eine Auszubildende aus Syrien, die derzeit in der Vorbereitungsphase ist – inklusive Sprachlehrgang. „Optiker ist ein sprachintensiver Beruf, der fachlich breit aufgestellt ist“, schildert er. „Man muss mehr können als verkaufen: Augenoptikermeister sind zugleich Handwerker, Mediziner und Einzelhandelsfachleute. Eine Stilberatung bei der Brillenauswahl ist ebenso Teil der Arbeit wie eine gründliche Augenprüfung mit anspruchsvoller Technik.“

Dieses breite Spektrum ermögliche jungen Menschen vielfältige Berufsperspektiven: „Wer die Meisterschule besucht, hat nach dem Abschluss eine Menge Optionen. Man kann angestellt arbeiten – auch in der Filialleitung – oder sich selbständig machen, in einer Arztpraxis eine Zukunft finden, in die Forschung oder in die Industrie gehen. Das wissen die wenigsten.“ Die Arbeit in einem angenehmen Ambiente und die Nähe zur Mode sei durchaus geeignet, junge Menschen zu interessieren; trotzdem sei es schwer, motivierten Nachwuchs zu finden. „Große Filialisten haben es da leichter als inhabergeführte Unternehmen“, so Bruchhaus, „weil man sie aus der Werbung kennt. Gleichzeitig werden Azubis dort aber oft als billige Arbeitskräfte eingesetzt und lernen weniger. Große Ketten setzen sich für eine abgespeckte Ausbildung zum Augenoptik-Fachverkäufer ein. Die wird es aber glücklicherweise wohl so bald nicht geben – das wäre sehr zum Nachteil der Azubis.“

Warum wählen dann viele nicht einen Ausbildungsplatz bei Optikermeistern? „Da kommen mehrere Sachen zusammen“, erklärt Bruchhaus: „Gut ausgebildete Schulabgänger wollen meist auf die Hochschule, um später Manager zu werden. Anderen behagen die Arbeitszeiten nicht – sie wollen gerade im Sommer nicht gerne samstags im Geschäft sein, sondern ihre Freizeit genießen. Und manchen fehlt es an persönlichen Zielen, an Konzentration, Disziplin oder schlicht an der Freude daran, respektvoll und höflich mit Menschen umzugehen.“ Gerade bei den Arbeitszeiten habe sich allerdings zuletzt vieles verbessert: „Mit Home-Office verteilen sich die Besuche bei uns mehr in die Woche, so dass wir flexibler arbeiten können. Unsere Angestellten haben oft drei Tage am Stück frei – das gibt es im Einzelhandel sonst kaum.“

Interessierte Menschen zu finden bedeutet oft, ungewöhnliche Wege zu gehen. Bei Optik Bruchhaus wurden bereits zwei Azubis erfolgreich bis zur Prüfung geführt, die als Quereinsteiger nach einem abgebrochenen Studium begannen. „Beide haben sehr gut abgeschlossen und besuchen die Meisterschule in einem verkürzten Durchlauf. Sie wollen Optometristen werden und später zurück zu uns kommen. Wir nehmen sie sehr gerne. Unsere Mitarbeiterinnen sind meist um die 30, von denen machen viele eine längere Familienpause und fehlen uns in der Zeit.“

Nicht nur Studienabbrecher sieht Bruchhaus als gute Kandidaten, auch ein Abitur oder die Mittlere Reife biete bereits gute Startmöglichkeiten. „Wir sollten Jugendliche, die sich in einer frustrierenden Situation befinden, viel früher abholen können“, ist der Optikermeister überzeugt: „Sie haben mehr Optionen, als sie glauben. Wer bei uns Gas gibt, übernimmt schnell Verantwortung und hat alle Möglichkeiten offen – bis hin zur Unternehmensgründung.“ Ein wichtiges Anliegen ist ihm, das Berufsbild in Schulen bekannter zu machen: „Da gibt es noch nicht genügend Zusammenarbeit. Wir würden gerne den Kontakt intensivieren, den Beruf vorstellen und Schülerpraktika oder Hospitanzen möglich machen.“

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