Mut für neue Wege: Wie wird der lokale Einzelhandel wieder stark?

Wir fragen Hans Günter Grawe und Anja Senff aus dem Vorstand von Veedellieben

 

Die Veedel stärken? Wie geht das?

HGG: Es geht um Vernetzung und darum, ein Bewusstsein für das eigene Veedel zu stärken. Das war von Anfang die Idee dieser Plattform. Zu Beginn haben wir nicht nur Unternehmer, sondern vor allem Anwohner gefragt. Wir wollten wissen, was wie im Veedel passiert.

 

Und?

HGG: Es geht um Engagement, Kreativität und Umdenken auf allen Seiten und um kurze Wege.

Der Tag des Veedels ist eine gute Bestätigung für unsere Arbeit und er funktioniert überall. Die Leute bleiben an dem Tag in ihrem Veedel, es gibt kein Veedel-Hopping. „Dein Veedel blüht auf“, lautete im April dazu das Motto in ingesamt elf Stadtteilen, die mit ganz unterschiedlichen Angeboten in den lokalen Handel lockten.

 

Was muss in Rodenkirchen passieren?

HGG: Wir brauchen definitiv mehr Beteiligung aller. Ein intensiver Austausch zwischen Handel und Gastronomen ist nötig, denn wenn vor Ort passiert, erhöht sich automatisch auch die Verweildauer im Veedel.

 

We love to entertain you?

HGG: Genau. Der alte Pro7-Slogan (https://de.wikipedia.org/wiki/ProSieben) ist das, was wir brauchen. Der lokale Handel wird dann attraktiv, wenn etwas im Veedel passiert. Ein klassisches, gutes Beispiel ist der Abend- und Schlemmermarkt. Der wurde im letzten Jahr über die Anfangs angedachte Zeit in den Oktober und sogar November verlängert. Die Idee, mitten in der Woche auf dem Maternusplatz in Rodenkirchen einen „Afterwork-Hotspot“ anzubieten, findet in Zollstock bereits Nachahmer. Oder die Winetime, die der Treffpunkt Rodenkirchen jedes Jahr organisiert. (https://treffpunkt-rodenkirchen.koeln). Die Leute wollen raus, sie wollen eben unterhalten werden. Dann bleiben sie auch im Veedel oder kommen zurück, um einzukaufen.

AS: Und der Marktplatz war ja und ist historisch gesehen schon immer ein Treffpunkt.

 

Und der Leerstand?

HGG: Der Leerstand ist überall ein Problem. Die Eigentümer verlangen zuteil utopische Mieten. Viele Eigentümer verstehen einfach nicht, dass sie als Vermieter einen sehr großen Anteil daran haben, wie sich ein Veedel entwickelt. Viele Vermieter wohnen nicht mehr vor Ort. Da fehlt ganz oft die Identifikation für das eigene Veedel.

AS: Meine Wunschvorstellung wäre ein Forum, in dem sich Menschen mit Ideen mit Mietern und Vermietern austauschen können. Zumindest im Gewerbebereich wäre das wünschenswert. In der Grundidee würde man die Leerstände erfassen und Gewerbevermieter und Wunschmieter zusammen bringen. Allerdings ist es absolut notwendig, wieder auf angemessene Mieten zu kommen. Es ist ein Phänomen unter Vermietern, immer mehr Miete zu verlangen, anstatt auf einen Veedelmix zu achten.

 

Gibt es denn Interessenten?

AS: Absolut. Es gibt nicht nur Interessenten, ein Radladen etwa oder einen neuen Sportladen, sondern auch jede Menge Ideen. Aber es muss tragbar sein, deshalb wäre die Gründung eines Forums wichtig.

HGG: Man kommt oftmals schwer an die Eigentümer ran. In Wipperfürth wurde jetzt eine Citymanagerin eingestellt, die aus dem Bundesfördertopf bezahlt wird. Das ist ein guter Ansatz. Eine IG, beziehungsweise ihre Mitglieder, können viel leisten und das machen sie ja auch, aber neben einem Job kann nicht alles auf die Schultern des Ehrenamts gesetzt werden. Da müssen alle anpacken.

Auch andere Ansätze sind eine Idee. Eine Stadt muss lernen, umzudenken, alte Zöpfe abschneiden. Die Innenstadt ist schon dabei. – Etwa das ehemalige Schuhhaus Kämpgen. Unten bleibt das Gebäude der gewerblichen Nutzung vorbehalten. Im oberen Bereich entsteht mit großem Aufwand eine Boulderhalle – mitten auf der Schildergasse. Die Idee ist die gleiche, die auch die Veedel umtreibt: Dort hingehen, wo die Kunden sind.

 

Klingt einfach.

HGG: Nein. Dazu braucht es Mut. Mut der Entscheidungsträger, vor allem aber Mut aus Politik und Stadt. Dinge auch einfach mal machen. Wir diskutieren immer noch zu viel und in Köln scheitern Ideen oft bereits daran, dass Unternehmer alleine schon viel zu lange auf eine Nutzungsänderung warten.

Die nächsten „Erlebnis-Termine“ stehen bereits an. In Rodenkirchen werden am 20. August wieder die Rodenkirchener Sommertage gefeiert. Rodenkirchen loves to entertain you, 😘

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